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Du bist keine Schönheit

Vor Arbeit ganz grau

Liebst dich ohne Schminke

… Aber grade das macht dich aus.“

Es ist Herbst. Im Briefkasten liegt eine Postkarte. Ein Blick auf die sehr prägnante Schrift verrät mir den Absender – eine meiner ältesten Freundinnen aus dem Studium. Bestimmt waren die Zwei wieder an irgendeinem exotischen Ziel auf der Welt und lassen den Freundeskreis teilhaben. 

Kennt ihr das auch? Paare, die man schon ewig lange kennt, die schon immer zusammen waren – und die, wenn dann nach und nach der gesamte Freundeskreis übers Heiraten nachdenkt, die ersten Kinder zur Welt kommen und man nach einigen Jahren nicht mehr nachts durch die Clubs zieht sondern sich zu Kaffee und Kuchen im Reihenhaus-Garten trifft, die einzigen sind, die nicht heiraten. Nicht über Kinder nachdenken. Stattdessen viel reisen, in ihren Jobs aufgehen, erfolgreich sind. Die man trotz der Liebe zur eigenen Familie – als Reihenhaus-, Kombi- und Elternteilzeit-Mensch mit tiefen Augenringen – heimlich ein wenig beneidet? 

Ich lese die Karte. „… und wir brauchen euch in professioneller Hinsicht, weil wir heiraten wollen, bevor im Frühjahr unser Sohn zur Welt kommt…“ Waaas? Heiraten? Und ein Baby? Wie großartig! Ich grinse im Kreis, greife zum Telefonhörer und bin dann erstmal beschäftigt mit Quatschen und Fragen stellen und mit-Freuen.

Ein paar Monate später. Kalt ist es in Bochum. Grau. Das Ruhrgebiet zeigt sich von seiner allerscheußlichsten Seite. Aber das Ruhrgebiet ist nunmal der Ort, an dem die beiden leben. Groß geworden sind, sich kennenlernten. Ihr Erwachsenenleben zu zweit begonnen haben. Und an dem sie jetzt eine Familie gründen. Und so wird dieser Tag nicht nur ein Hochzeitstag, sondern eine Reise zu ihren und ein kleines bisschen auch meinen, unseren gemeinsamen Wurzeln. Das Schauspielhaus, in dem wir alle soviel Zeit verbracht haben. Die Straßenbahn, die Erinnerungen an die U35 (die U-Bahn zur Ruhr Universität) weckt. Die Königsallee, die U-Bahn-Strecke, die Ausblicke auf die – wie immer volle – Autobahn. Viele kleine Geschichten in einer großen. In den Gesprächen („Weißt du noch, als wir damals…?“), in der Rede des Bräutigams, in unseren Bildern.

Und als am Ende des Tages der alte Grönemeyer-Klassiker im Radio läuft, passte es nie besser als heute. 

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